Analchirurgie
Es gibt viele sehr verschiedene Analkrankheiten. Bedingt durch die Anatomie der Analregion erklären sich auch die zum Teil sehr unterschiedlichen Krankheitsbilder: spezifische Hauterkrankungen, Muskelerkrankungen, Darmerkrankungen.
Die Analregion ist eine delikate Region, nicht nur wegen ihres komplexen Funktionsbereichs (Endabdichtung des gesamten Darms), mehr noch, dass sie zur Schamregion gehört. Man spricht nicht gerne darüber, es werden unangenehme Gefühle auslöst, zudem zählt sie zur sensibelsten und empfindlichsten anatomische Region des Körpers.
Störungen in allen anatomischen Etagen wie auch rein funktionelle Erkrankungen lösen zum Teil äußerst unangenehme Schmerzzustände aus und plagen den Patienten mindestens ebenso psychisch bis zur Grenze der Belastbarkeit. Somit verwundert es nicht, dass sich Patienten nur im äußersten Notfall ärztlich anvertrauen, jahrelang Selbsttherapie betrieben wird und nicht selten Betroffene sich sozial isolieren.
Die sogenannten Analerkrankungen, fachlich proktologischen Erkrankungen genannt, teilt man somit laut der Anatomie in die äußeren und inneren Analkanalerkrankungen und in die Erkrankungen des Mastdarms. Funktionell ist das untere Mastdarmdrittel zum Afterapparat dazugehörig (kloakogener Darmabschnitt).
Die Ursachen für Anal- und Mastdarmerkrankungen sind mannigfaltig. Die häufigsten sind Entzündungen und kleine Thrombosen am äußeren After bzw. Analeingang. Das Hämorrhoidenleiden ist ebenso zu nennen wie Fissuren (Schleimhautrisse im Analkanal) oder Fisteln (erworbene Gewebsgänge) mit deren Folgen wie Abszesse oder chronisches Nässen.
Ein sehr häufiges Syndrom ist der sogenannte Schleimhautvorfall, der oft jahrelang mit unspezifischen Beschwerden beginnt (Nässen, … etc).
Chronische Beschwerden, die an Intensität zunehmen, sind die Regel. Dies ist auch das Stadium, wo die meisten Patienten die ersten Selbsttherapieversuche einleiten (Salben, Zäpfchen, u.ä.).
Warnsymptome wie Blutung, Schmerzen, Nässen, Schleimabgang, starke Bläungen, Stuhlveränderungen (Verstopfung, Durchfall oder Wechselstuhlgang), Jucken, Brennen, Hautveränderungen usw. sollten aber auf jeden Fall Anlass zum Arztbesuch geben!
Es gibt im Allgemeinen drei Therapiemöglichkeiten:
- Vorerst allgemeine Maßnahmen, wie forsierte Analhygiene (regelmäßiges Waschen bzw. Duschen) ohne Verwendung von Seifen! Nachfolglich Pflege der Analregion mit speziellen Salben, meist Schutz bzw. Abdecksalben, eventuell auch spezielle Medikamente (z.B. Pilzpräparate) zum Einehmen oder als Zäpfchen (Suppositorium).
- Zweitens gibt es zahlreiche minimal invasive (fast schmerzfreie) lokale Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel Verödungen von Hämorrhoiden, Abtragung von Analwärzchen, oder Gummibandligaturen (sogenannte Barronligaturen = ca. 2mm kleine Gummiringe, die in den unteren Mastdarm eingebracht werden um Schleimhautfalten abzutragen oder Hämorrhoiden zu verkleinern).
- Die dritte Therapiemöglichkeit ist die Operation, wobei zu erwähnen ist, dass sich in den letzten Jahren enorm viel auf dem Gebiet der Anal- und Mastdarmchirurgie getan hat. Im Besonderen zum Wohl und Komfort der Patienten, wie aber auch im Sinne der Erfolgsraten und niedrigen Komplikationszahlen bei solchen Operationen.
Eine allumfassender Abklärung wird vorerst mit einer detaillierten Befragung und allgemeinen Untersuchung vorgenommen. Die spezielle Abklärung erfolgt mittels Betrachtung und Abtasten der Analregion außen wie innen (ist definitiv schmerzfrei, wenn vorsichtig und einfühlsam untersucht wird). Ultraschall (eventuell mit speziellen dünnen Soden) und die Spiegelung (auch schmerzfrei!) gehören neben der Dickdarmspiegelung und eventueller spezieller Röntgenuntersuchungen (Irrigoskopie = Röntgeneinlaufuntersuchung) dazu. Vervollständigt kann die Abklärung durch verschiedene elektronische Messungen, durch CT (Computer Tomographie) oder MRT (Magnet Resonanz Tomographie), wie aber auch durch andere fachärztliche Vorstellung (Hautarzt, Urologe, Gynäkologe, Neurologe etc.) werden .
Ein Großteil der Patienten muss nicht gleich operativ versorgt werden, sondern bedarf vorerst einer allgemeinen konservativen Therapie!
Manche Operationen am After und in der Mastdarmregion können in Lokalbetäubung durchgeführt werden. Dies umfasst aber immer kleinere Eingriffe und sollte mit größter Umsicht, Vorsicht und Ruhe des versorgenden Arztes erfolgen. Dann ist der Patient auch bereit, für einen kurzen Moment die Irritation der Lokalbetäubung anzunehmen.
Aber in den allermeisten Fällen wird diese Chirurgie in allgemeiner Narkose oder mit dem sogenannten Kreuzstich vollzogen. Eine Sonderform der Narkose ist der Sattelblock, der mit einer geringen Menge an Betäubungslösung in die fast schmerzfreie Kreuzbeinendregion angewandt wird.
Alle aufwendigeren oder schmerzhaften wie auch unangenehmen operativen Sanierungen werden aber in Vollnarkose und stationär abgewickelt. Auf eine ausreichende Schmerztherapie nach dem Eingriff wird besonderer Bedacht genommen.
Mit den neuen Operationsmethoden haben die Patienten glücklicherweise ein sehr geringes Schmerzprofil zu erdulden und sind meist nur gering und kurzzeitig irritiert. Im Vergleich zu früher müssen die Betroffenen keine tage- bis wochenlange Stuhlregulation mit Medikamenten und Diät einhalten. Die Funktion ist in der Regel nach kurzer Heilphase wiederum als normal zu bezeichnen. Die stationäre Aufenthaltsdauer richtet sich hauptsächlich nach dem Befinden des Patienten und ist erfreulicherweise mit durchschnittlich wenigen Tagen bis zu einer Woche sehr kurz im Vergleich zu früher (2 bis 6 Wochen!).
Die häufigste Operation ist die Stapler-Hämorrhoiden-Operation nach Longo. In Allgemeinnarkose oder besonderen Narkoseformen (s.o.) wird die Analregion mit einem speziellen Operationshülsensystem geschützt und dann eine „Tabaksbeutelnaht“ ca. 3-4cm am Oberrand des Afters gesetzt. Anschließend wird mit einem sogenannten Stapler-Gerät (Näh- und Stanzapparat) die betroffene Region mit der Raffnaht in das geöffnete Staplergerät gezogen und anschließend geschlossen. Das Gerät wird dann mit folgender Klammernaht und zeitgleicher Stanzung entriegelt. Mit Entfernen des Geräts wird die Region abschließend überprüft und eventuelle Blutungen mit Umstechungen dicht versorgt.
Eine ähnliche Operation umfasst aber nicht nur die Hämorrhoidenregion, sondern auch den Schleimhautvorfall. Diese Operation wird als Longo-Delorme oder Parachute-OP oder in ihrer Maximalvariante als STARR-OP bezeichnet. Mit dem selben OP-System (s.o.) aber mit zum Teil größeren Staplergeräten wird zusätzlich mit weiteren Raffnähten in Längsachse eine Verkürzung und Raffung des unteren Mastdarm erwirkt.
Eine neuere Operationsmethode ist die OP nach DalMonte, wo mit Hilfe eines Ultraschallgeräts und einer speziellen Operationshülse am After die Hämorrhoidenregion wie aber auch der Vorfall mit speziellen Nähten sicher und versorgt wird. Sehr gute Gesamterfolge und ein nur minimales Spannungsgefühl nach der OP zeichnen diese Operation aus.
Beide Methoden bedürfen einer speziellen Ausbildung und spezifischen Trainings, um eine sichere Anwendung zu gewährleisten. Die Erfolgsquoten sind aber sehr überzeugend und es gibt bereits ausgezeichnete Ergebnisse in Langszeitbeobachtungsstudien.
In Summe gibt es mehr als zwanzig verschiedene Operationsmethoden im unteren Mastdarm und Analbereich. Jeder Fall und jeder Patient erfordert eine individuelle Lösung. Nur in Kenntnis vieler verschiedener Methoden kann auf diesen Umstand speziell eingegangen werden.
Ein großer Gradmesser des Erfolgs ist aber auch, dass die Patienten einfühlsam und umsichtig in ihrem Problem und Leiden verstanden werden, und dass sie allumfassend und verständlich informiert in die jeweilige Therapie begleitet werden.
Nur mit Einfühlsamkeit und Hingabe zum Problem und zum betroffenen Menschen ist ein umfassender Heilerfolg sicher!
So kann ein primärer Heilerfolg von weit über 95% bereits heutzutage erreicht werden.